„Blockadehaltung bringt gar nichts“
Aus dem Burghauser Anzeiger vom 06.02.2020
Bürgermeisterkandidaten im Interview: Heinz Donner (58, CSU) über HBB, die Salzach und die Verkehrsprobleme der Altstadt
Die
CSU wartet mit durchaus innovativen Wahlkampfansätzen auf,
inhaltlich aber mangelt es bislang an Details. Fehlt es an
Ideen?
Donner:
Nein,
es fehlt nicht an Ideen. Wir haben genügend Ansätze. Beim Thema
Infrastruktur und Altstadt etwa schwebt mir eine Parkgarage am
Finanzamt-Parkplatz als Entlastung des Stadtplatzes vor. Angebunden
werden könnte diese über eine engere Citybus-Taktung. Im gleichen
Zug kann man die Kurzzeitparkplätze in der Stadtplatz-Tiefgarage
ausweiten und dafür die an der Straße gelegenen Stellflächen
zwischen Andechser und Rathaus wegfallen lassen, um so das besondere
Ambiente des Stadtplatzes zu stärken.
Gerade im Bereich der Altstadt stehen wir in den nächsten Jahren vor riesigen Herausforderungen, etwa durch die Sanierung des Kumax und der Stethaimer-Schule. Auch das Dach des Stadtsaal-Gebäudes ist renovierungsbedürftig, zugleich stehen Heizung, Lüftung und Brandschutz an. Dazu kommt noch die Sanierung der Salzlände. Für so eine Großbaustelle brauchen die Firmen Lagerflächen, das wird die Areale am Bichl und am Mautnerschloss betreffen. Für die Altstadt wird das ein massiver Einschnitt. Das muss überlegt angegangen werden, es stellt sich die Frage, wie die Geschäfte angeliefert werden können und ob es ausgelagerte Lagerflächen braucht. Wir werden auch die Grüben wieder als Straße nutzen müssen.
Sie
wollen die Grüben während der Salzländen-Sanierung tatsächlich
für den Autoverkehr freigeben?
Donner:
Ich
denke, es wird nicht anders gehen. Wir leben nun mal im Zeitalter der
Autos, ob uns das gefällt oder nicht. Man wird auch den Vorplatz des
Stadtplatzes öffnen müssen, um eine Drehscheibe für die Schulbusse
zu schaffen. Generell könnte man zur Verkehrsentlastung der Altstadt
auch mit den Österreichern reden, etwa was eine Umgestaltung der
Alten Grenzbrücke zur reinen Fußgängerbrücke angeht.
Eine neue Messehalle? „Könnte ich mir vorstellen“
Die
Nachbarn haben sich in der Vergangenheit doch schon gegen eine
Einbahnregelung quergestellt.
Donner:
Das
Problem mit einer Einbahnregelung ist ja auch die Frage, wie will man
den Verkehr leiten. Da gibt es nicht viele Möglichkeiten. Ein Ansatz
wäre die angesprochene Parkgarage beim Finanzamt, verbunden mit
einer engeren Taktung des Citybusses, den Parkflächen an der
Messehalle, dazu gäbe es noch die Möglichkeit eines weiteren
Parkplatzes neben dem gerade entstehenden Motorikpark. Auch diesen
könnte man über den Citybus an die Altstadt-Veranstaltungen
anschließen. Gerade während der Uferstraßen-Arbeiten wird man sich
dahingehend sowieso Gedanken machen müssen. Den Kinderkleiderbasar
beispielsweise könnte man problemlos auch in der Messehalle
durchführen. Dort wäre er vielleicht ohnehin besser aufgehoben.
Dafür
müsste die Messehalle aber erst ertüchtigt werden.
Donner:
Ja,
aber das ist nicht so einfach. Die Halle wurde nun mal im Zuge der
Landesgartenschau für ein halbes Jahr gebaut. Sie zu ertüchtigen,
funktioniert nicht grenzenlos, da wird es irgendwann statische
Probleme geben.
Und
ein kompletter Neubau? Immerhin sind die Grundstückslage und die
angeschlossenen Parkflächen geradezu ideal.
Donner:
Das
könnte ich mir durchaus vorstellen. Wir haben bislang keine
wirkliche Eventhalle, sei es für Konzerte oder auch für größere
Sportveranstaltungen. Vielleicht ließe sich da auch mit der Wacker
Chemie über eine Kooperation sprechen, denn auch deren Halle ist
vielleicht sanierungsbedürftig. Wobei das bislang nur Ideen sind,
für eine Umsetzung muss man erst in Amt und Würden sein.
Heiß
diskutiert wird seit geraumer Zeit die Entlastung der Innenstadt vom
Durchgangs- und vor allem vom Schwerverkehr. Ihr Ansatzpunkt ist eine
weitere Salzachbrücke flussaufwärts.
Donner:
Burghausen
braucht dringend eine solche Brücke. Diese kann meines Erachtens
nach nur in Fridolfing stehen. Als CSU-Bürgermeister würde ich da
Vorteile auf meiner Seite sehen. Schließlich gäbe es dann eine
durchgehende Kette – einen CSU-Bürgermeister, einen CSU-Landrat,
einen CSU-Landtagsabgeordneten und einen CSU-Bundestagsabgeordneten.
Und natürlich kann man als CSU-Bürgermeister leichter an einen
CSU-Parteivorsitzenden und Ministerpräsidenten rangehen.
Gerade
eben sind dem Stadtrat erste Erkenntnisse des lang erwarteten
Verkehrsgutachtens vorgestellt worden.
Donner:
Die
erste Vorstellung war für mich noch nicht der große Wurf. Gerade
beim Radwegenetz wäre ich als Bürgermeister pragmatischer. Da würde
ich mir zehn Burghauser schnappen, mit ihnen durch die Stadt radeln
und sie fragen, wo sie Handlungsbedarf sehen. Da muss ich kein großes
Konzept in Auftrag geben.
Zur
Entlastung der Stadt vom Bahnverkehr schlägt FDP-Kandidat Klaus
Schultheiß ein Gleis Richtung Marktl und Perach vor.
Donner:
Durch
den Bannwald, über die Autobahn und über den Inn. Wissen Sie, wie
lange Sie in Deutschland allein für die Genehmigungen brauchen?
Zumal hier ein Bürgermeister von Burghausen gar nicht eingreifen
kann. Ich bin schon der Meinung, dass sich ein Bürgermeister auch um
die kleinen Dinge der Menschen kümmern soll. Wenn die Leute sagen,
sie wollen ein Licht im Bushäuschen, dann darf ich das nicht
lächerlich machen. Das sind echte Bedürfnisse.
Bedürfnisse
hat auch die Industrie.
Donner:
Natürlich wissen auch wir von der CSU, dass wir den
Industriestandort sichern und Flächen zur Verfügung stellen müssen,
auf denen die Industrie erweitern kann, etwa bei der OMV. Wenn deren
ReOil-Projekt zur Rückgewinnung von Öl aus Kunststoff aus der
Erprobung geht, muss ein Grundstück zur Verfügung stehen, welches
man dem Unternehmen als Produktionsstandort anbieten könnte. Mir
geht es dabei weniger um die Gewerbesteuer, sondern in erster Linie
um die Arbeitsplätze. Die Leute, die in Burghausen wohnen, sollen
auch hier bleiben können. Sie sollen sich etwas leisten können, das
geht aber nur, wenn sie einen sicheren Arbeitsplatz haben. Dazu kommt
das Thema Wohnen, verkraftbare Mietpreise über die BuWoG etwa, das
Wohnen im Alter. Wenn wir Seniorenheime bauen, dann bitte nicht
irgendwo auf der grünen Fläche, sondern in der Stadt.
Die
Napoleonshöhe kommt also auch für Sie nicht in Betracht?
Donner:
Die
Napoleonshöhe wäre ja ein Pflegeheim. Da gibt es einen wichtigen
Unterschied, die Mobilität betreffend. Generell bin ich aber für
eine Stärkung der heimischen Pflege, den Ausbau von Pflegediensten,
so wie es jetzt schon bei Curamus passiert ist. Wenn ich meine eigene
Mutter anschaue, die bei uns im Haus in einer Einliegerwohnung lebt.
Sie wird in Kürze 90 Jahre alt und ist Gott sei Dank noch relativ
fit. Doch die würde auch nicht in ein Heim wollen. Ich denke, das
geht uns allen so. Und wenn ich dann schon in ein betreutes Wohnen
oder ein ähnliches Angebot gehe, dann muss das zentrumsnah liegen,
wo ich mich mit Freunden treffen und einen Kaffee trinken gehen kann.
In
Bezug auf das Salzachzentrum haben Sie zu Beginn des Wahlkampfs davon
gesprochen, das Areal im Notfall zu kaufen. Das dürfte mit Blick auf
die Finanzlage der Stadt hinfällig sein, oder?
Donner:
Ja,
das ist hinfällig.
Wie
soll es dann weitergehen?
Donner:
Man
muss als allererstes wieder miteinander reden. Blockadehaltung bringt
gar nichts. Es geht nur mit HBB und nicht gegen HBB.
Salzachzentrum: „Braucht Top-Angebote“
Ist
eine Mall mit den üblichen Ankermietern wie H&M überhaupt noch
das richtige Konzept? Andere Städte sind mit größeren
Modegeschäften erfolgreich, Pfarrkirchen etwa mit Pollozek,
Waldkirchen mit Garhammer, Neuötting mit Ganzbeck.
Donner:
Wir
haben in Burghausen schon auch ein Erfolgskonzept mit Mode Mayer und
dessen vier Geschäften in der Alt- und der Neustadt. So eine Mall
kann schon etwas sein, doch dafür braucht es Top-Angebote. Das
Kaufverhalten hat sich geändert. Wir sind keine US-Amerikaner. Bei
denen spielt sich das Leben in den großen Einkaufsmalls ab. Wir
Deutsche dagegen lieben es, in Cafés zu sitzen, wir lieben das
italienische Flair. Das ist auch die Stärke von Burghausen. Wir
haben ein tolles Altstadt-Ensemble. Bei den Grüben gibt es großes
Potenzial, etwa als Handwerkermeile. Doch funktioniert das nur, wenn
ich die Handwerker auf die städtische Gehaltsliste setze. Allein von
den Touristengeldern können die unmöglich leben. Vielmehr müsste
man ihnen ein kleines Salär zahlen und die Einnahmen aus dem Verkauf
gäbe es dann obendrauf.
Sie
haben die Beziehungen zwischen CSU-Amts- und Mandatsträgern
angesprochen. Dabei fällt auf, dass gerade die Burghauser CSU auf
die sonst obligatorischen Minister- und höherrangigen
Politikerbesuche verzichtet.
Donner:
Wir
haben am 12. Februar am Campus eine Veranstaltung zusammen mit
Landrat Erwin Schneider und ihn auch am 11.März bei der
Schlussveranstaltung nochmal zu Gast, um zu signalisieren, dass wir
nicht gegeneinander arbeiten. Burghausen ist keine Insel.
Aber
die Burghauser CSU hat sich in der Vergangenheit des Öfteren
schwergetan mit der Kreisebene.
Donner:
Naja,
bei der Klinik war das Vorgehen des Landrats vor fünf Jahren aus
unserer Sicht halt einfach nicht richtig. Deswegen haben wir damals
auch bewusst gesagt, wir sind dagegen, CSU hin oder her. Und auch
beim Thema Salzachausbau haben wir uns bewusst gegen die Linie von
ganz oben gestellt.
Und
damit mittlerweile auch den Landrat und MdL Martin Huber
überzeugt.
Donner:
Genau,
da hat unser Geschäftsführer Martin Unterstaller wirklich Gas
gegeben. Wissen Sie, ich möchte irgendwann auch mal mit meinen
Enkeln – so ich denn welche bekomme – an der unverbauten Salzach
spazieren gehen und ein Lagerfeuer machen.
Auch
wenn Letzteres nicht erlaubt ist.
Donner:
Auch
wenn es nicht erlaubt ist (lacht). Man darf es mit Verboten nicht
übertreiben.
Doch
gerade die Burghauser Industrie ist auf versorgungssicheren Strom
angewiesen. Wäre ein Kraftwerk an der Salzach da nicht ein passender
Beitrag.
Donner:
Sicherlich
wäre es nicht ganz sinnlos. Aber ich denke, hier wiegt ein
unverbauter Fluss schwerer.
Weil
er vor der eigenen Haustür fließt.
Donner:
Nein.
Es geht um die letzten unverbauten Flussabschnitte überhaupt.
Mit
Blick auf die Finanzlage wird es der neue Bürgermeister deutlich
schwerer haben.
Donner:
Ich
bin niemand, der in Panik verfällt und jammert, dass wir uns nichts
mehr leisten könnten. Burghausen hat auch weiterhin genügend Geld
für die Basisaufgaben. Und darüber hinaus muss man halt abwägen.
Das
gilt auch für die künftige Gebührenausgestaltung. Wie sieht es aus
Ihrer Sicht mit den Kindergartengebühren aus?
Donner:
Man
kann durchaus auch mal etwas verlangen. Kostet es nichts, wird von
Montag bis Freitag voll gebucht, anders halt nur zu den Zeiten, die
auch wirklich benötigt werden. Das wirkt sich auf die Personalkosten
aus. Solange es sich Burghausen leisten konnte, war die
Gebührenfreiheit gut angelegtes Geld. Aber jetzt sieht es anders
aus.
Parkgebühren?
Donner:
Auch
dieses Tabuthema wird man auf Dauer angehen müssen. Weil man die
Leute nicht anders dazu erziehen kann, dass sie stattdessen auf den
Bus umsteigen. Es muss aber moderate Lösungen geben, die Soße darf
nicht teurer werden als der Braten.
„Die Stadtverwaltung ist wirklich top“
Hat
man sich in Burghausen zu sehr an die Besonderheiten gewöhnt?
Donner:
Als Burghauser kann ich das schon irgendwo mit ja beantworten. Das
Geld war halt da, etwa für niedrige Preise beim Hallenbad. Aber
jetzt muss man auch dort schauen, dass eine wirtschaftlichere Linie
reinkommt. Nichtsdestotrotz hat die Stadt gut gewirtschaftet und
nicht über ihren Verhältnissen gelebt. Die Stadtverwaltung ist
wirklich top. Die kann man arbeiten lassen. Dort identifiziert sich
jeder mit Burghausen. Man muss als Bürgermeister nicht alles können,
man muss allerdings die Leute kennen, die das Benötigte können.
Muss
man als Bürgermeister die Mitarbeiter anders behandeln als das
bislang der Fall ist?
Donner:
Da
will ich mir kein Urteil erlauben. Jeder hat einen anderen
Führungsstil. Ich kann von meiner Laufbahn her jedenfalls sagen,
dass ich stets mit Leuten zusammengearbeitet habe, die auch
freiwillig mit mir zusammengearbeitet haben.
Angenommen,
Sie schaffen es ins Bürgermeisteramt. Wie schwierig wird es, die
Burg als Arbeitsplatz aufzugeben?
Donner:
Ich
bin jetzt seit 14 Jahren Burgverwalter. Ich würde mich auf die neuen
Herausforderungen freuen. Und ich würde es mir auch zutrauen –
auch wenn mir der Abschied von der Burg, meinen Mitarbeitern,
Kollegen und natürlich auch den Burgbewohnern natürlich
schwerfallen würde.
Interview: Christoph Kleiner
- Burghauser Anzeiger