Gegen das Nitrat kommt man nicht an
„Das tut mir schon fast weh“, kommentierte Stadtrat Paul Kokott die Werte, die sich seit Jahren nicht ändern. Damit regte er eine Diskussion an, die schon häufiger geführt wurde: Ist das Wasserschutzprogramm der Stadt, das jährlich 60 000 Euro kostet, überhaupt sinnvoll?
Aus dem Burghauser Anzeiger vom 09. Dezember 2016
Werte im Grundwasser unverändert bei rund 40 Milligramm – Trinkwasser kommt seit 10 Jahren vom Weilhartsforst
Burghausen. Das Burghauser Trinkwasser ist mit Nitrat belastet – das hat vor 13 Jahren den Stadtrat bewogen, für sauberes Trinkwasser zu sorgen und einen Vertrag mit dem österreichischen Nachbarn einzugehen. Seit zehn Jahren nun kommt das Trinkwasser für Burghausen aus dem Weilhartsforst auf der anderen Seite der Salzach. Obwohl man bereits 1992 mit einem Wasserschutzgebiet versucht, die Nitratbelastung im Burghauser Grundwasser zu reduzieren, ist man damit nicht erfolgreich.
Im Werkausschuss zeigte sich nun einmal mehr, dass die Bemühungen bislang nicht gefruchtet haben. Der Nitratwert liegt nach wie vor bei knapp unter 40 Milligramm pro Liter und damit nur 10 Milligramm unter dem gesetzlichen Grenzwert. Der Richtwert der EU liegt bei 25 Milligramm/Liter. „Das tut mir schon fast weh“, kommentierte Stadtrat Paul Kokott die Werte, die sich seit Jahren nicht ändern. Damit regte er eine Diskussion an, die schon häufiger geführt wurde: Ist das Wasserschutzprogramm der Stadt, das jährlich 60 000 Euro kostet, überhaupt sinnvoll?
Das Geld wird einerseits aufgewendet für verpflichtende Maßnahmen im Wasserschutzgebiet. Darüber hinaus bietet die Stadt Burghausen Landwirten in diesem Gebiet aber noch finanzielle Anreize, ihre Produktion über die gesetzlichen Vorgaben hinaus zu beschränken. Diesen Zuschuss, rund die Hälfte der 60 000 Euro, könnte die Stadt auch wieder abschaffen. „Das zahlt am Ende jeder Wasserverbraucher“, sagte Paul Kokott. „Wenn es keine Chance gibt, dass sich am Nitratgehalt was ändert, dann sollten wir das überdenken.“ Auch für Stadtrat Norbert Stadler war das Ergebnis Anlass zur Kritik: Die Fachwelt habe das alles damals so „verkauft“, als ob man in zehn Jahren deutliche Ergebnisse sehen würde.
Bürgermeister Hans Steindl zeigte sich wenig überrascht. „Ich hatte mir das damals schon gedacht, deshalb war es mir ja so wichtig, den Vertrag mit dem Wasser aus dem Weilhartsforst abzuschließen“, so Steindl im Ausschuss. Vor allem, da das Grundwasser aus Gebieten nach Burghausen laufe, wo es kein Wasserschutzprogramm gebe. „Trotzdem finde ich es richtig, dass wir Anreize für die Landwirte bieten.“ Burghausen könne hier ein Vorbild sein.cts
3 Fragen an…… Herbert Rauch, Dipl-Agraringenieur und Projektleiter des Burghauser Wasserschutzprogramms:
Herr Rauch, der Nitratgehalt des Burghauser Wassers konnte auch 24 Jahre nach Beginn des städtischen Zusatz-Schutzprogramms nicht wesentlich gesenkt werden. Macht das Projekt Sinn?
Herbert Rauch: Ich bin nach wie vor der Meinung, dass diese zusätzlichen Maßnahmen zur Nitrat-Minderung beitragen. Wenn es das Programm nicht gäbe, dann wäre der Nitratgehalt wahrscheinlich noch höher als jetzt. Denken Sie sich mal: Wenn die freiwilligen Leistungen wegfallen, dann könnte es womöglich 20 Jahre oder länger dauern, bis man eine Verschlechterung merkt. Und wenn man dann Gegenmaßnahmen ergreifen will, dauert es womöglich noch einmal mindestens 20 Jahre, bis diese greifen. Momentan können wir froh sein, wenn der Nitratwert stabil bleibt.
Würde ein solches Programm nicht nur Sinn machen, wenn es großräumig angelegt wäre?
Rauch: Wenn man so das Burghauser Wasser verbessern will, müsste man wissen, woher genau es in welcher Menge kommt – solche großräumigen Untersuchungen gibt es nicht. So gesehen müsste man möglicherweise den ganzen Großraum bis Waging als Wasserschutzgebiet ausweisen. Oder die Vorgaben für die Landwirtschaft werden geändert, was ja womöglich nun passiert, nachdem die EU gegen Deutschland klagt wegen der Verunreinigung der Gewässer durch Nitrat.
Abgesehen vom Nitrat, wie gut oder schlecht ist das Burghauser Wasser?
Rauch: Wir haben beispielsweise kein PFOA, mit dem andere Kommunen Probleme haben. Und auch beim Nitrat sind wir ja unter dem Grenzwert von 50 Milligramm. Dann gibt es noch Pestizide wie Atrazin und das Abbauprodukt Desethylatrazin im Trinkwasser, das hat man überall, doch die Konzentration liegt ebenfalls unter dem gesetzlichen Grenzwert. Ich würde sagen, die Qualität des Wassers passt. Natürlich hat Burghausen das Wasser aus dem Weilhartsforst, das nur etwa zwölf Milligramm Nitrat pro Liter enthält und frei ist von Pestiziden – aber wenn man aus irgendeinem Grund einmal das Burghauser Wasser bräuchte, geht das auch gut.